Handschuhsheim erkunden

Historische Orte im Stadtteil
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Nach der Waisenhausordnung von 1588 hatten die im Waisenhaus lebenden Knaben – nicht die Mädchen – die Dorfschule zu besuchen. Damit war zum ersten Mal von einer Schule in Handschuhsheim die Rede. Diese Schule war – entsprechend der allgemeinen Religionszugehörigkeit der Menschen in Handschuhsheim zur damaligen Zeit – reformiert. Während des 30-jährigen Krieges wurde 1636 mit Einsetzen der Rekatholisierung der Pfalz erstmals ein katholischer Lehrer erwähnt. Erst nach 1650, nachdem der Bergsträßer Rezess in Handschuhsheim die Gleichberechtigung von Katholiken und Protestanten garantierte, gab es sowohl evangelische als auch katholische Schulen und Lehrer.

Schulhaus Lindenplatz1968
Altes Schulhaus 1968 (Foto: Tiefburgarchiv)

Beide Konfessionen hatten ihre Schulhäuser nahe der St. Vituskirche, die seit 1650 als Simultankirche von beiden Religionsgemeinschaften genutzt wurde. Das evangelische Schulhaus am Lindenplatz beziehungsweise an der Mittleren Kirchgasse (früher: Untere Kirchgasse) war immer das größere, denn auch die Zahl der evangelischen Schüler war stets erheblich größer als die der katholischen. Mehrfach wurde die evangelische Schule an dieser Stelle erweitert oder insgesamt neu gebaut. Letztmals wurde die Schule 1862 durch einen größeren Neubau ersetzt und erhielt im Wesentlichen ihr heutiges Aussehen.

Früher war das Schulwesen eine Angelegenheit der Kirchen. Das änderte sich, nachdem 1877 in Baden die sogenannte Gemeinschaftsschule eingeführt wurde. Jetzt besuchten auch die katholischen Kinder das bisher evangelische Schulhaus, in dem bald eine ziemliche Enge herrschte: Zeitweise wurden rund 400 Schüler in vier Klassenräumen unterrichtet. Ins katholische Schulhaus, Lindengasse 1, war kein Ausweichen möglich, weil es sich in einem sehr schlechten baulichen Zustand befand. Die Gemeinde Handschuhsheim behalf sich, indem sie im Atzelhof, dem ehemaligen Landeswaisenhaus, das zu dieser Zeit dem damaligen Bürgermeister Schröder gehörte, zwei Klassenräume anmietete.

Weil sich die Gemeinde und die evangelische Pflege Schönau, bei der bisher die Baulast für die konfessionellen Schulgebäude in Handschuhsheim lag, lange Zeit nicht über die Höhe der Ablösung der Baupflicht einigen konnten, dauerte es bis 1896, ehe der Bau eines kommunalen Schulgebäudes an der Kriegsstraße in Angriff genommen werden konnte. Als die neue Schule 1897 bezogen wurde, erwies auch sie sich sehr bald als zu klein. Im Dorf machte der Satz die Runde: „In Neuenheim sind die Schulen, in Handschuhsheim die Kinder.“ Das hieß: Viele Kinder aus Handschuhsheim mussten nach Neuenheim zur Schule laufen, und auch die Schule am Lindenplatz wurde weiterhin gebraucht. Bis 1957 die Heiligenbergschule an der Berliner Straße eröffnet wurde.

Während vom ehemaligen katholischen Schulhaus in der Lindengasse (und somit auch am Lindenplatz) heute nichts mehr vorhanden ist, hat sich das evangelische Schulhaus von 1862 erhalten. 1959 wurde darin eine Kindertagesstätte eingerichtet. Seit 2005 in privatem Besitz, dient es seitdem als Wohnhaus. (br)